Gericht entscheidet nicht über Herrenlosigkeit der Tiere

Streitfall Wildäcker / Schmallenberger Amtsgericht spricht noch kein Urteil

Schmallenberg / Bad Berleburg, 23. April 2015. Der Wisent-Verein hat zwei Waldeigentümern bzw. Jagdpächtern aus dem Hochsauerlandkreis am Donnerstag vor dem Amtsgericht Schmallenberg einen Vergleich angeboten.

Die vom Verein vorgeschlagene teilweise Kostenübernahme für Schäden an Wildäckern ist jedoch von den Klägern Dieter Brinkmann und Hermann-Josef Vogt abgelehnt worden. Das Gericht hat am Donnerstag Morgen noch kein Urteil gesprochen und stattdessen weitere Fristen und Termine gesetzt.

Dieter Brinkmann und Hermann-Josef Vogt hatten den Wisent-Verein verklagt, weil Wisente Schäden auf ihren Wildäckern versursacht hätten. Die beiden Kläger machten vor dem Amtsgericht Schmallenberg rund 1.500 bzw. knapp 4.000 Euro an Schäden durch Wisente, Ausgaben für Gutachten und Kosten für die Wiederherstellung der Wildäcker (Material und Personaleinsatz) geltend.

„Wir hätten gerne heute einen Abschluss des Verfahrens gehabt“, sagt Johannes Röhl vom Vorstand des Wisent-Vereins. Denn der Verein, der durch Rechtsanwalt Stephan Hertel vertreten wird, sieht sich im Recht. Das Gericht hat den Klägern jetzt erst einmal aufgegeben, einige Positionen ihrer Kostenaufstellung genauer darzulegen und zu begründen. Es positionierte sich weder zum Status der Tiere (Herrenlosigkeit) noch dazu, ob überhaupt jemand und wer eventuell für die Tiere hafte. Das Amtsgericht setzte im Falle des Klägers Brinkmann einen Verkündungstermin am 11. Mai an. Das heißt aber nicht zwingend, dass an diesem Tag auch ein Urteil fallen wird. Im Falle von Waldeigentümer Vogt setzte das Gericht eine Frist bis Ende Juni, innerhalb derer sich der Kläger detaillierter zu seiner Kostenaufstellung äußern solle.

Zuvor hatte der Wisent-Verein den Klägern einen Vergleich und damit die Übernahme eines erheblichen Teils der von den Waldbesitzern geltend gemachten Kosten angeboten. Dies lehnten die Kläger allerdings ab.

Im Falle von Schälschäden an Bäumen durch Wisente kommt bislang der Wisent-Verein für die Kosten auf. Zukünftig soll es dann einen Schadensfonds geben, der diese Aufgabe übernimmt. In ihn wollen vor allem das Land NRW, der Kreis-Siegen-Wittgenstein, der Wisent-Verein, die Wittgenstein-Berleburg’sche Rentkammer und der World Wide Fund For Nature Deutschland (WWF) zusammen bis zu 50.000 Euro jährlich einzahlen.

Der Wisent-Verein bewertet Schäden an Bäumen jedoch rechtlich ganz anders als auf Wildäckern. Johannes Röhl erklärt das so: „Wildschäden entstehen durch jagdbare Tierarten an Nutzpflanzen. Das ist unstreitig bei den geschälten Bäumen der Fall. Diesen Schaden wollen wir daher auch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ersetzen, um die betroffenen Eigentümer damit nicht alleine zu lassen. Ein Wildacker hat aber den Sinn und den Zweck, jagdbare Wildarten anzulocken und sie dort gegebenenfalls zu erlegen. Deshalb sagen wir: Auf einem Wildacker kann durch eine Wildtierart – wie es die Wisente sind – gar kein Schaden entstehen. Denn es ist ja Sinn des Wildackers, Wildarten anzulocken – egal ob diese Tiere eine Jagdzeit haben oder nicht.“

Eine sechsköpfige Wisent-Gruppe wurde im April 2013 in den Wittgensteiner Wäldern freigesetzt. Das ist einzigartig in West-Europa. Denn frei lebende Herden gibt es auf dem Alten Kontinent sonst nur in Osteuropa. Mittlerweile ist die Gruppe durch natürliche Fortpflanzung auf zehn Tiere gewachsen. Das Artenschutzprojekt dient inzwischen zahlreichen anderen Initiativen in Westeuropa als Vorbild für ihre eigenen Wiederansiedlungsprojekte der vom Aussterben bedrohten Landsäugetiere Europas.



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