Verantwortung für geschützte Tiere, Wohlstand und Arbeitsplätze

Wisent-Verein legt Berufung gegen Arnsberger Urteil ein / Die Existenz des gesamten Projektes steht auf dem Spiel

Bad Berleburg, 10. Dezember 2015. Der Verein „Wisent-Welt-Wittgenstein“ legt Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom Oktober dieses Jahres ein. Diese wird beim Oberlandesgericht in Hamm verhandelt. Das Arnsberger Gericht hatte den Wisent-Verein verpflichtet, „geeignete Maßnahmen“ zu ergreifen, um die frei lebenden Wisente von den Grundstücken zweier klagender Waldeigentümer aus dem Hochsauerlandkreis fernzuhalten. „Nach intensiver Prüfung der schriftlichen Urteilsbegründung“, erklärt der Erste Vorsitzende des Vereins, Bernd Fuhrmann, „sehen wir in Übereinstimmung mit unserem Rechtsanwalt gute Chancen für eine erfolgreiche Berufung.“

Die Berufungsfrist für den Wisent-Verein läuft am 11. Dezember ab. Für die schriftliche Begründung der Berufung hat der Verein dann bis zu zwei Monate Zeit. Mit einer Verhandlung ist im Sommer 2016 zu rechnen. Der Wisent-Verein sieht die natur- und artenschutzrechtlichen Belange im Arnsberger Urteil nicht ausreichend gewürdigt, v.a. den besonderen Schutz der Wisente als FFH-Tierart. Auch das tatsächliche Verhalten der frei lebenden Wisente sieht der Verein vom Gericht als unzutreffend bewertet an, denn de facto verfügt er in der Praxis nicht mehr über die Tiere. Dennoch arbeitet der Verein weiterhin daran, „geeignete Maßnahmen“ zu identifizieren und umzusetzen, um die Wisente von den Grundstücken der Kläger fernzuhalten.

Bernd Fuhrmann unterstreicht: „Wir gehen auch deshalb in die Berufung, weil wir in den vergangenen Wochen einen enormen Zuspruch von zahlreichen Organisationen, Institutionen und Bürgern und von unseren Partnern und Sponsoren erhalten haben. Sie stehen zu uns und erkennen die Bedeutung des Wisent-Projektes für die strukturschwache Region. Gerade außerhalb unserer Region wird der Streit vielfach als Provinzposse wahrgenommen. Wir sehen uns in der Verantwortung, ein Scheitern des für ganz Westeuropa einzigartigen Artenschutzprojektes zu verhindern. Denn die Wiederansiedlung der Wisente im Rothaargebirge hat in den vergangenen Jahren einen enormen Stellenwert weit über unsere Region hinaus erworben. Viele Menschen in ganz Europa schauen auf uns.“

In dem Streit gehe es nur vordergründig um Schälschäden an Bäumen, stellt Bernd Fuhrmann klar. Zumal diese aus einem Fonds, der jährlich bis zu 50.000 Euro bereitstellt, beglichen werden. Im Übrigen seien die Schälschäden das einzige Problem im Zusammenhang mit der Freisetzung der Wisente. Andere Schäden haben die frei laufenden Tiere nicht verursacht. Das Projekt stelle vielmehr eine einzigartige Erfolgsgeschichte dar und besitze für Westeuropa einen außergewöhnlichen Referenzcharakter. Damit rücke auch der Artenschutz in Deutschland insgesamt in das Blickfeld. Denn wenn das Wisent-Projekt auf Grund der Klage von einigen wenigen Waldeigentümern scheitere, werde damit ein Präzedenzfall für andere Artenschutzprojekte im Land geschaffen. „Deswegen gehen wir auch stellvertretend für viele Natur- und Artenschutzprojekte in Deutschland in Berufung“, betont Bernd Fuhrmann.

Der Erste Vorsitzende des Trägervereins macht weiter deutlich, dass ein Ende des Wisent-Projektes erhebliche negative Auswirkungen auf die Region und die Menschen hätte. „Wenn wir das Urteil so einfach akzeptieren würden ohne zu kämpfen, würden wir unserer Verantwortung für Artenschutz, Wohlstand, Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region nicht gerecht“, sagt Bernd Fuhrmann.

Denn das Artenschutzprojekt steht nicht für sich alleine. Es ist in engem Zusammenhang mit der „Wisent-Wildnis am Rothaarsteig“, dem Besucherareal, zu sehen. Dort wurden seit der Eröffnung mehr als 100.000 Besucher gezählt. Dazu gehört auch die Wisent-Hütte mit ihrem gastronomischen Angebot. Viele Menschen kommen nur wegen der Wisente in die Region, geben hier Geld aus und tragen so zum Wohlstand bei. Zum Wisent-Projekt gehört schließlich ebenso das im September 2015 eröffnete Naturerlebniszentrum mit Wissensangeboten insbesondere für Schulklassen. Am Projekt hängen inzwischen direkt und indirekt viele Arbeitsplätze.

„Das Wisent-Projekt beschert uns eine hohe nationale und internationale Aufmerksamkeit, Bad Berleburg ist zu einem attraktiven Standort für die Wisent-Forschung geworden. Die vom Ausstreben bedrohten Tiere geben uns ein positives Image und sie machen den Unterschied zu anderen Regionen aus. Das nützt nicht nur der Tierart, sondern auch unserem Tourismus mit Gaststätten, Hotels und Dienstleistungen. Auch das Hochsauerland profitiert von den Wisenten. Denn auch dort wird mit den Wisenten aus Wittgenstein geworben. All das steht jetzt auf dem Spiel“, begründet Bernd Fuhrmann den Entschluss des Vereins, gegen das Arnsberger Urteil in die Berufung zu gehen.



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