15 Okt Wisente dürfen weiter frei im Wald laufen
Landgericht sieht Erfolgsaussichten für den Wisentverein und setzt deshalb die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts außer Kraft
Schmallenberg / Bad Berleburg, 15. Oktober 2014. Das Landgericht Arnsberg hat die Vollstreckung der Einstweiligen Verfügung gegen das Wisent-Projekt außer Kraft gesetzt. Damit stimmte es in seinem gestrigen Beschluss einem Antrag des Wisent-Trägervereins zu. Praktisch bedeutet dies: Die freilebenden Wisente können sich vorerst weiter ungehindert in den Wäldern bewegen.
Am 2. Oktober dieses Jahres hatte das Amtsgericht die vom Schmallenberger Waldbauern Hermann-Josef Vogt erwirkte Einstweilige Verfügung gegen den Wisentverein bestätigt und damit zugleich den Widerspruch des Wisentvereins zurückgewiesen. Damit war formal auch die bereits zuvor eingestellte Zwangsvollstreckung der Einstweiligen Verfügung wieder in Kraft gesetzt. Der Verein hätte also dazu verpflichtet werden können, die Tiere von den Grundstücken des Hochsauerländer Waldbauern fernzuhalten, um Schälschäden an Bäumen des Eigentümers Vogt zu vermeiden.
Mit seiner gestrigen Entscheidung hat das Landgericht nun aber die Zwangsvollstreckung der Einstweiligen Verfügung wieder außer Kraft gesetzt. Zumindest bis zum 8. Dezember dieses Jahres. Bis dahin hat der Verein Zeit, seine Berufung gegen die Einstweilige Verfügung weiter zu begründen. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ist gegen eine Sicherheitsleistung von 10.000 Euro durch den Verein erfolgt.
Besonders interessant ist die Begründung des Arnsberger Landgerichts, erläutert Rechtsanwalt Stephan Hertel, der den Wisentverein vertritt. Denn das Gericht kommt zu der Auffassung, dass die Berufung gegen die Einstweilige Verfügung, die der Wisentverein in der Zwischenzeit eingelegt hat, „nicht ohne Erfolgsaussicht“ ist. „Das ist ein sehr positives Signal für das in Westeuropa einzigartige Artenschutzprojekt zur Wiederansiedlung der Wisente“, bewertet Bernd Fuhrmann deshalb den Gerichtsbeschluss. Der erste Vorsitzende des Wisentvereins sagt zugleich: „Wir wollen die Rechtmäßigkeit des Projekts zum Schutz dieser bedrohten Tierart gerne auf dem regulären Instanzenweg klären lassen – notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof. Wenn die Einstweilige Verfügung im Zuge unseres Widerspruchs in den kommenden Wochen fallen sollte, könnten wir das auch in Ruhe und mit angemessener Zeit erledigen. Wichtig ist aber: Das Projekt geht erst einmal weiter.“
Rechtsanwalt Stephan Hertel hebt noch einen weiteren Punkt hervor, den das Gericht anführt. Denn für den Erlass einer Einstweiligen Verfügung muss es auch einen so genannten Verfügungsgrund geben. Den sehen der Wisentverein und sein Rechtswalt aber nicht. Dieses Argument nimmt nun auch das Landgericht Arnsberg auf, wenn es feststellt, dass Kläger Vogt die Schälschäden bereits erstmals im Oktober 2013 und dann fortgesetzt festgestellt habe. So führt es aus: „Für die Kammer ist derzeit nicht ersichtlich, warum die dann im August 2014 erneut aufgetretenen Schälschäden angesichts dieser Entwicklung nunmehr eine besondere Dringlichkeit begründen sollen, die ein Vorgehen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erforderlich macht.“
Das Gericht deutet auch an, dass der Rechtsstreit wohl am besten in einem Hauptsacheverfahren und nicht im Rahmen einer Einstweiligen Verfügung zu klären sei. In dem Beschluss heißt es nämlich auch: „Möglicherweise ist der Verfügungskläger (Waldbauer Vogt, d. Red.) auf ein Hauptsacheverfahren zu verwiesen, wenn er etwaige Eigentumsverletzungen über einen Zeitraum von mehr als zehn Monaten zunächst hinnimmt und sich mit finanzieller Entschädigung begnügt.“
Unabhängig von der rechtlichen Auseinandersetzung, macht der Vereinsvorsitzende Bernd Fuhrmann deutlich, dass der Verein eine Konsenslösung mit den geschädigten Waldbauern aus dem Hochsauerlandkreis anstrebe. „Es gehört von Anfang an zu den Grundpfeilern des Artenschutz-Projektes, dass von Wisenten verursachte Schälschäden ausgeglichen werden sollen“.
Das Artenschutzprojekt wird vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen sowie vom Kreis Siegen-Wittgenstein, der Stadt Bad Berleburg und zahlreichen privaten Sponsoren gefördert.